Umweltbüro Herz


Umweltbüro Dr. Herz

Polychlorierte Biphenyle (PCB)

Polychlorierte Biphenyle gehören zur Gruppe der chlorierten aromatischen Kohlenwasserstoffe.
Je nach Anzahl und Bindungsort der Chloratome am Biphenyl-Molekül sind insgesamt 209 Einzelverbindungen möglich, die man als PCB-Kongenere bezeichnet. Technische Produkte enthalten 50 bis 70 Kongenere, von denen etwa zehn die Hauptmenge bilden. Daneben enthält PCB weitere, zum Teil hochgiftige Nebenprodukte (z.B. polychlorierte Dibenzofurane, PCDF). Bei Verbrennungsprozessen bzw. starker Erhitzung PCB-haltiger Erzeugnisse entsteht PCDF/D in größeren Mengen (Brände mit PCB sind daher im höchsten Schadensbereich eingeordnet).

Aufgrund ihrer technischen Eigenschaften (gute elektrische Isolationseigenschaft, Wärmeleitung und Alterungsbeständigkeit; schwerentflammbar; Weichmacherwirkung in Kunststoffen) fanden die PCB vielfältige Anwendung:
  • Kühl- und Isolierflüssigkeiten in Transformatoren und Kondensatoren
  • dauerelastische Fugendichtungsmassen als Gebäudetrennfugen, Bewegungsfugen und Anschlussfugen
    (Handelsnamen z.B. Clophen, Thiokol-Masse)
  • Klebstoffe, Spachtelmassen, Kitte
  • Anstrichstoffe und Beschichtungen; z.B. Deckenplatten „Wilhelmi“ (-1972)
  • Kunststoffe, Kabelummantelungen
PCB werden seit 1929 hergestellt und erreichten Anfang der 1970er Jahre ihre höchste Produktionsmenge. PCB-haltige dauerelastische Fugendichtungsmassen wurden zwischen 1955 und 1976 verwendet.
Seit 1978 ist die Verwendung von PCB in offenen Systemen verboten. Im Jahre 1989 wurde die PCB-Verbotsverordnung (inzwischen in die Chemikalien-Verbotsverordnung überführt) verabschiedet, die Herstellung, Inverkehrbringung und Verwendung von PCB untersagt. PCB-haltige Kondensatoren (geschlossene Systeme) durften noch bis Ende 1999 betrieben werden.

Richtwerte
Bei der Analyse von PCB werden 6 Leitkongenere quantifiziert (Nr. 28, 52, 101, 138, 153 und 180).
Um eine Aussage über den Gesamtgehalt an PCB zu treffen, wird nach einem Vorschlag der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) die Summe dieser Leitkongenere mit dem Faktor 5 multipliziert (= ∑ nach LAGA). Dieses Ergebnis wird zur Interpretation von Material- und Raumluftkonzentrationen herangezogen.

Toxikologisch hergeleitete/begründete Werte für die PCB-Belastung von Hausstaub (ARGUK-Umweltlabor; Oberland, H.; 2004):
  • Orientierungswert: 1 mg PCB/kg Hausstaub.
  • Gefahrenwert: 12 mg PCB/kg Hausstaub.
Mit der Überschreitung des Orientierungswertes können bei gegenwärtigem Wissensstand für empfindlichere Personen gesundheitliche Auswirkungen nicht ausgeschlossen werden (ARGUK 2004)

Der gesamte Bereich Gebäudesanierung wird geregelt über die „Richtlinie für die Bewertung und Sanierung PCB-belasteter Baustoffe und Bauteile in Gebäuden“ (PCB-Richtlinie, September 1994). In dieser Richtlinie werden folgende Empfehlungen gegeben:
  • Raumluftkonzentrationen unter 300 ng PCB/m³ Luft sind als langfristig tolerabel anzusehen (Vorsorgewert, Sanierungsleitwert)
  • bei Raumluftkonzentrationen zwischen 300 und 3000 ng PCB/m³ Luft wird empfohlen, die Quelle der Raumluftverunreinigung aufzuspüren und nach Möglichkeit unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit zu beseitigen oder zumindest eine Verminderung der PCB-Konzentration (z.B. durch regelmäßiges Lüften sowie gründliche Reinigung und Entstaubung) anzustreben
  • bei Messwerten oberhalb des Interventionswerts von 3000 ng PCB/m³ Luft sollten, nach Kontrollanalyse, unverzüglich Maßnahmen zur Verringerung der PCB-Raumluftkonzentration ergriffen werden
Diese Richtlinie wird in den Bundesländern recht unterschiedlich umgesetzt. So soll z.B. in Baden-Württemberg die Aufenthaltsdauer in die Bewertung mit einbezogen werden. Unter Berücksichtigung der Aufenthaltsdauer in nicht-privaten Gebäuden (üblicherweise 8 Std.) müssten daher die oben angegebenen Konzentrationen mit dem Faktor 3 multipliziert werden. In Hessen und NRW wird eine Bezugnahme auf die Aufenthaltsdauer nicht erwogen.
Das Sozialministerium Baden-Württemberg nahm jedoch hierzu mit dem Schreiben vom 28.07.1999 wie folgt Stellung: „Nach Auffassung des Sozialministeriums sollte der Vorsorgewert bzw. Sanierungsleitwert von 300 ng/m³ unabhängig von der tatsächlichen täglichen Aufenthaltsdauer in den entsprechenden Räumen angestrebt werden.“

Ansatz für eine Neubewertung
Die Toxizität der PCB ist noch nicht abschließend geklärt. Aufgrund des unterschiedlichen Gefahrenpotentials wird versucht, zwischen nicht-dioxinähnlichen PCB und dioxinähnlichen PCB (planare Molekülgeometrie) zu unterscheiden. Die WHO hat für 12 koplanare PCB-Kongenere sogenannte Toxizitätsäquivalente (TEF) festgelegt, welche die dioxinähnliche Wirksamkeit bestimmter PCB relativ zum Dioxin gewichten. Diese werden mit der jeweils gefundenen Konzentration des PCB multipliziert, und die so gewonnenen Werte der einzelnen PCB im PCB-Gemisch (12 Kongenere) aufsummiert (WHO-TEQ/m³).

Gesundheitliche Wirkung
Die Hauptaufnahme erfolgt über die Nahrung. Daneben kommt jedoch, bei Vorhandensein bedeutender PCB-Quellen im Innenraum, auch der Atmung eine große Rolle zu. In der Atemluft sind die PCB sowohl gasförmig als auch an Partikel gebunden. Aufgrund der chemischen Stabilität sowie guter Fettlöslichkeit findet eine starke Anreicherung der PCB in der Nahrungskette statt.

In hoher Konzentration verursachen PCB Schädigungen der Haut und innerer Organe, vor allem der Leber. PCB ist möglicherweise krebserregend und fruchtschädigend. Bei chronischer Einwirkung können die PCB in den Hormonhaushalt eingreifen, Nerven schädigen und das Immunsystem schwächen.


©2009 HDSystems